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SDGs in der Praxis

Sustainable Development Goals (SDGs) für die Industrie

Immer mehr Unternehmensberatungen unterstützen Firmen im Bereich Nachhaltigkeit und SDGs, den 17 Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen (UN). Die priamos consulting group e.V. in Ulm ist so eine Unternehmensberatung. Sie betreut Organisationen seit mehr als 20 Jahren und fördert bewusst Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung – inklusive SDGs. Das Ungewöhnliche an priamos ist, dass alle Mitarbeitenden Studierende der Universität Ulm sind. Das Ergebnis ist ein direkter Wissenstransfer von der Wissenschaft in die Industrie.

„Wir sind sehr breit gefächert, Finanzen, Finanzpläne, Businesspläne, Social-Media-Marketing-Maßnahmen, … Die Liste ist lang, aber das Wichtigste, und worauf wir aufbauen, ist Nachhaltigkeit“, sagt David Fialho, Vorstand für Customer Relationship Management bei priamos. Die Kompetenz erlangen die studentischen Beratenden zum einen von Master-Studierenden des Studiengangs Nachhaltige Unternehmensführung und zum anderen von einer herkömmlichen Unternehmensberatung, die mit ihnen Best Practices teilt. Ihr hochaktuelles Wissen setzen sie z.B. so ein:

Der größte Hebel

„Wir identifizieren die KPIs, die das Kerngeschäft eines Unternehmens darstellen, und von dort schauen wir rückwirkend, wo der größte Hebel für Nachhaltigkeit ist.“ Mit welchen SDGs die Unternehmen arbeiten wollen, wissen diese normalerweise schon, wenn sie zu priamos kommen. Wenn ein Unternehmen dagegen erfahren möchte, wo seine größten Einflussfaktoren auf die SDGs sind, dann setzt priamos zunächst wieder am Kerngeschäft an und identifiziert den USP, den Unique Selling Point (auch: das Alleinstellungsmerkmal) des Unternehmens. Denn:

 

„Wenn ein Unternehmen sein Kerngeschäft nachhaltig gestalten kann, wird es sich nach und nach auf den Rest des Unternehmens auswirken.“ Die SDGs geben einen Rahmen vor, sie sind keine verpflichtende Norm. Organisationen berichten daher nach einem bestimmten Standard, z.B. nach GRI oder AA1000, über ihr nachhaltiges Engagement und wählen SDGs zur Unterstützung hinzu.

David Fialho

Der USP ist das wichtigste Gut eines Unternehmens. Von dort aus kann es mit Nachhaltigkeit langfristige Erfolge erzielen.

David Fialho

Der Kundenhebel

Manchmal kann es passieren, dass die Kunden schneller als die Unternehmen entscheiden, was wichtig ist. Bekanntes Beispiel: „Es gab schon viel länger nachhaltiges Toilettenpapier als nachhaltiges Küchenpapier, weil das eine viel mehr als das andere nachgefragt wird. Mit Zahnpasta-Verpackung ist es genauso. Sie ist unnötig, wird aber immer noch verkauft.“ Kunden, denen Nachhaltigkeit wirklich wichtig ist, kaufen verpackungsfreie Zahnpasta und entscheiden sich bewusst gegen die Hersteller mit Verpackung. – Auch im großen Stil ist Verpackung ein Thema:

 

„Wir beraten gerade einen Pharmazulieferer im Bereich Innovationsmanagement, das gehört zum SDG 9. Der Zulieferer produziert Blister, in denen Tabletten verpackt werden, und wir fokussieren uns auf das Material. Dem Unternehmen ist wichtig, alle Trends rund um Verpackungen zu erkennen, d.h. was ist kompostierbar oder nicht kompostierbar, gibt es schnell recyclebares Monomaterial? Und wir versuchen jetzt, eine Daten-Matrix mit allen wichtigen Aspekten zu erstellen.“ Das Überraschende daran ist, bemerkt Fialho:

 

„Vielleicht ist in Europa Plastik besser, weil es schneller zu recyceln ist, aber nicht in Indien. Dort existiert kein Recycling, deshalb ist Papier dort nachhaltiger.“ Ein ebenso individueller wie systematischer Ansatz hilft, Nachhaltigkeit so umzusetzen, dass das Unternehmen konkurrenzfähig bleibt. Manche Firmen leisten echte nachhaltige Arbeit, andere tun nur so. Hat der BWL-Student und Beratende schon Greenwashing beobachtet?

Der (falsche) grüne Hebel

„Greenwashing ist Mittel zum Zweck“, bekennt der 25-Jährige und erklärt: „Manche Unternehmen wollen nur ihre Ziele erreichen, die von der Strategie definiert wurden.“ Das gehe so weit, dass ein Unternehmen nur ein bestimmtes SDG-Rating erreichen wolle und es dabei gar nicht mehr um Nachhaltigkeit ginge. „Da werden falsche Anreize geschaffen“, mahnt Fialho. Wenn Kunden nur auf Ratings schauen und Firmen nur da ansetzen, das verzerre. Nicht nur das nachhaltige Engagement, sondern es verwasche das ganze Prinzip Nachhaltigkeit. Aber er kenne auch andere Fälle …

 

„Wenn eine Organisation ein Drittel ihres Umsatzes für gute Zwecke spendet, es aber nicht kommuniziert, dann kommt das zwar der Gesellschaft im Ganzen zugute, aber kann unter Umständen die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens beeinträchtigen.“ Auch das führe zu einer verzerrten Nachhaltigkeit. Vom Verzerren zum Konflikt:

 

SDG 8 betont menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum, wobei Letzteres im Grunde mit der Nachhaltigkeit im Konflikt steht. „Das ist wirklich schwierig. Den Arbeitsplatz für Mitarbeitende einerseits schützen und andererseits passiert es immer wieder, dass Menschen ihre Arbeit verlieren, weil Kosten eingespart werden müssen. Der moralische Punkt ist, ob ein Unternehmen wettbewerbsfähig bleibt und ein paar Menschen ihre Arbeit verlieren, oder ob das Unternehmen insolvent geht und dann alle ihren Arbeitsplatz verlieren. Als BWLer finde ich es besser, dass man akzeptiert, dass durch Kostensenkung Arbeitsplätze verloren gehen.“ Derselbe BWLer sieht aber auch eine Lösung …

Wir müssen Nachhaltigkeit neu denken und dürfen nicht an alten Strukturen festhalten.

David Fialho

Der lösende Hebel

„Vor allem aber müssen wir Transparenz schaffen, die Unternehmen müssen noch weiter offenlegen – gerade auch was CO2-Zahlen anbelangt –, das schafft aber auch mehr Probleme, wenn die Konkurrenten die Zahlen sehen können. Der Staat müsste helfen. Sonst bleibt es eine Zwickmühle.“ Ähnlich wie bei Smartphones:

„Die EU arbeitet daran, über standardisierte Ladestecker und erneuerbare Akkus zu entscheiden, d.h. dass sie bei allen Smartphones austauschbar sein müssen.“ Das Smartphone kam 2007 auf den Markt, es existiert seit 15 Jahren. So lange hat es gedauert, bis der Staat in den Markt eingriff. David Fialho benutzt persönlich ein neues iPhone 13 mini, das letzte hatte fünf Jahre gehalten. „Das hier soll auch wieder fünf Jahre halten“, verspricht Fialho. Mal sehen, ob sein nächstes einen One-size-Stecker braucht. Die SDGs werden 2027 nur noch drei Jahre von ihrer Deadline entfernt sein.

 

Wo wird die Wirtschaft dann stehen?

 

2015 haben die Vereinten Nationen einstimmig 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung beschlossen. Die Mitgliedstaaten sollen die 169 Unterziele bis 2030 erreichen, um auf der Welt langfristig ökologischen Schutz, ökonomischen Wohlstand und sozialen Frieden zu sichern. Unternehmen sind ein entscheidender Faktor, um den Zielen näher zu kommen.

 

SQS Deutschland GmbH verifiziert die Nachhaltigkeitsberichte ihrer Kund:innen auch gemäß SDGs.